Candidate Experience als Leitfaden im Recruiting
Immer mehr Unternehmen setzen für erfolgreiches Recruiting auf bewährte Marketing-Strategien, die ursprünglich für den Handel konzipiert wurden. Dazu gehört das Konzept der sogenannten Candidate Experience, das in Anlehnung an die Customer Experience entstand. Die Kundenerfahrung zu managen und dadurch die Kundenbindung zu erhöhen, gehört zum Standardrepertoire jeder Marketingabteilung. Das gleiche wird künftig für das Candidate Experience Management im Bereich HR gelten. Ebenfalls aus dem Customer Management übernommen wurde die vereinfachte Vorstellung der Kontakte mit dem Unternehmen in Form einer Reise. Die sogenannte Candidate Journey besteht aus den wichtigsten und häufigsten Kontaktpunkten zwischen Unternehmen und Bewerber:innen. Mehr Details zu den einzelnen Phasen und ihrer Bedeutung erfahren Sie im entsprechenden Blog-Artikel „Candidate Journey“.
Die Bestandteile der Candidate Experience im Detail
So bestimmt die Candidate Experience Ihren Unternehmenserfolg
Indem Unternehmen Bewerber:innen nicht mehr planlos von einer Station zur nächsten schicken, sondern eine gezielte Candidate Journey zusammenstellen, verbessern sie das Erlebnis im Bewerbungsprozess. Das hinterlässt nicht nur einen bleibenden positiven Eindruck, sondern kann letztendlich ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen Ihr Unternehmen als Arbeitgeber sein. Eine gute Candidate Experience sichert Ihnen im War for Talents qualifizierte Fachkräfte und sorgt damit für reibungslose Abläufe. Gleichzeitig haben die Erfahrungen, die Bewerbende mit Ihrem Unternehmen machen, Einfluss auf das Employer Branding und die Wahrnehmung Ihrer Marke. Selbst wenn es nicht für den Job gereicht hat, können positive Erlebnisse im Bewerbungsprozess ehemalige Kandidat:innen künftig zu Kund:innen und Markenbotschafter:innen machen. Gleichzeitig steigen die Chancen, dass sich Talente wieder bei Ihnen bewerben, positive Reviews hinterlassen und für Mundpropaganda sorgen.
Schlechte Candidate Experience hat weitreichende Folgen
Studien kommen zu dem Schluss, dass eine positive Candidate Experience die Chance, dass Kandidat:innen ein Jobangebot annehmen, etwa um 38 % steigert. Vier von fünf Befragten geben an, dass ein guter Eindruck während des Bewerbungsverfahrens ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für ihre jetzige Stelle war. Neben dem unmittelbaren Einfluss auf einzelne Jobangebote und Einstellungsprozesse hat eine schlechte Candidate Experience weitgehende, zum Teil ungeahnte Effekte:
· 70 bis 80 % würden sich nach einer schlechten Candidate Experience oder gar keiner Antwort nicht mehr bei dem entsprechenden Unternehmen bewerben.
· 72 % würden ihren Freunden, Kollegen und Verwandten von schlechten Erfahrungen mit dem Bewerbungsverfahren einer Firma erzählen und/oder online Bewertungen verfassen.
· Mehr als die Hälfte wiederum würde sich nicht bei einem Unternehmen mit schlechten Bewertungen hinsichtlich des Recruitingprozesses bewerben.
· Die Hälfte der Befragten würden nach schlechten Erfahrungen im Recruiting auch die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens vermeiden.
Voraussetzungen für eine gelungene Candidate Experience
Die Zusammenstellung einer zufriedenstellenden Candidate Journey ist ein komplexer Prozess mit zahlreichen Variablen. Seine Abbildung würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Auf dem Weg zu einer besseren Candidate Experience gibt es allerdings drei Säulen, an denen Sie sich stets orientieren können, um vor lauter Details nicht das große Ganze aus den Augen zu verlieren.
Candidate Experience messen
Um die Erfahrungen Ihrer Bewerber:innen zu verbessern, sollten Sie zuerst den Ist-Zustand ermitteln. Nur wer seine größten Stärken und Schwächen kennt, kann gezielt an deren Optimierung arbeiten. Am besten für die Erhebung der Candidate Experience eignen sich detaillierte Feedback Fragebögen. Achten Sie dabei auf eine vollständige Anonymisierung und weisen Sie beim Versenden auch darauf hin. Das sichert Ihnen unverfälschtes Feedback sowohl von angenommenen als auch von abgewiesenen Bewerber:innen. Kleine Unternehmen haben in der Regel nur wenige Kandidat:innen und damit nicht genug Feedback. In einem solchen Fall sind Mystery-Bewerber:innen hilfreich. Beauftragen Sie Ihre Kolleg:innen damit, sich bei Ihnen auf eine Stelle zu bewerben und lassen Sie sich Feedback geben. Meist fällt etwas Außenstehenden sofort auf, wo noch Optimierungsbedarf besteht. Darüber hinaus helfen repräsentative Studien und Befragungen, die Vorlieben von Kanidat:innen zu ermitteln. Beachten Sie aber, dass es hier Unterschiede zwischen den Branchen und Zielgruppen gibt. Statistiken können reales Feedback Ihrer Bewerber:innen daher nie vollständig ersetzen.
Kontaktpunkte kennen und optimieren
Zur umfassenden Verbesserung und Optimierung der Candidate Experience empfiehlt sich ein systematischer Ansatz. Das gelingt am besten, indem Sie die Candidate Journey nachvollziehen und dabei mögliche Kontaktpunkte kennzeichnen und analysieren. Erst wenn klar ist, wo und wie potenzielle Bewerber:innen mit Ihrer Marke interagieren, können Sie deren Erlebnisse gezielt steuern.
Die Kenntnis aller sogenannten Touchpoints versetzt Sie außerdem in die Lage, eine einheitliche Candidate Experience aufzusetzen. Dadurch wirkt der Auftritt Ihres Unternehmens seriöser und vertrauenswürdiger – ebenfalls wichtige Kriterien wenn es darum geht, junge Talente und Fachkräfte zu rekrutieren.
Candidate Centricity erhöht die Zufriedenheit
Einfach mal den Blickwinkel wechseln: Unter dem Schlagwort Candidate Centricity fassen Recruiting-Experten den Ansatz zusammen, die Wünsche und Bedürfnisse potenzieller und tatsächlicher Bewerber:innen ins Zentrum des Rekrutierungsprozesses zu stellen. Anstatt an allen Stellen Kosten und Zeit zu sparen, soll Interessent:innen der Bewerbungsprozess so einfach wie möglich gemacht werden. Eine kandidat:innenzentrierte Ausrichtung verbessert die Candidate Experience in der Regel automatisch – schließlich werden ihre spezifischen Anforderungen und Wünsche soweit möglich erfüllt. Mehr zum Thema Candidate Centricitiy und was sich Jobsuchende von ihren zukünftigen Arbeitgebern wünschen, erfahren Sie in unserem Whitepaper.
Fazit: Employer Branding beginnt schon vor dem ersten Arbeitstag
Eine überdurchschnittliche Candidate Experience wird in Zukunft zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren im Recruiting gehören. Da auf einem immer umkämpfteren Arbeitsmarkt Fachkräfte zunehmend Mangelware sind, hängt auch der wirtschaftliche Erfolg immer stärker von einer erfolgreichen Mitarbeitersuche ab. Einen schlechten Eindruck im Bewerbungsprozess kann keine noch so sorgfältige Employer Branding Kampagne widerrufen. Noch sind Bewerber:innen auf der Jobsuche einiges an Kummer gewöhnt. Je mehr Unternehmen ihre Candidate Experience gezielt verbessern, desto ungeduldiger und weniger kompromissbereit werden sie jedoch werden. Auch wenn Sie derzeit mit der Bewerberfreundlichkeit Ihres Recruitingprozesses zufrieden sind, sollten Sie sich nicht zu lange auf den Lorbeeren ausruhen. Die Konkurrenz schläft nicht und im Ringen um qualifizierte Fachkräfte ist derzeit leider keine Entspannung in Sicht.